Am 30.3. fand bei uns ein Vortrag über den Biber statt. Genossenschaftsmitglied Ingrid Reinecke hat teilgenommen und einen Kommentar dazu geschrieben. Die Künstlerin des Ungeheuers in Holz (aus gefälltem Biberholz) ist Almut Kreuz.

Das Ungeheuer von Biberness

„Das Ungeheuer von Biberness – und wie gehen wir mit dem „Künstler“ um???“ Das Kunstwerk von Almut Kreuz auf dem Hof des Klosterguts Schlehdorf spielt mit Witz und Phantasie auf ein Problem an, mit dem sich die Hofgemeinschaft seit einiger Zeit konfrontiert sieht: Biber!

Dieses nachtaktive und außerordentlich fleißige Tier „gestaltet“ in atemberaubender Geschwindigkeit einen Teil der zum Hof gehörenden Landschaft radikal um. Zunächst machte er sich über die Sträucher her, danach legte er die Bäume um, erst die jüngeren, nun auch die alten. Auch das angebaute Gemüse ist ganz nach seinem Geschmack.

Was tun? Mit dieser Frage lud die Hofgemeinschaft Gerhard Schwab, den Bibermanager vom Bund Naturschutz Bayern ein. Nun ist Herr Schwab nicht nur ein kompetenter Biberkenner. Er ist ein Biberfan, und das merkt man jedem seiner Sätze an. Stolz zeigt er Karten, wo überall der Biber mittlerweile anzutreffen ist. Allein in Bayern gibt es über 20.000 Tiere.

Keine Frage, einige Landstriche sowie Tier- und Pflanzenarten profitieren von den Aktivitäten des Bibers. Am Klostergut ist eher das Gegenteil zu beobachten: Der Biber zerstört hier ein bestehendes Refugium für Artenvielfalt. Herr Schwab sieht das eher locker, rät zu Elektrozaun und Drahtwickel für Bäume, weist auf den Biberfonds für Entschädigungen hin und auf zuständige Behörden, wenn es mit den Schäden zu arg wird.

Dass diese nicht belanglos sind, zeigen die Wortmeldungen aus dem Publikum: Tiefgreifende Veränderungen durch Biber-Fraß und Schäden mit z.T. existenzbedrohenden Folgen. Die Behörden fühlten sich oft nicht zuständig, so die einhelligen Berichte, die Bearbeitung von Schadensmeldungen daure sehr lange, mitunter Jahre, Schäden würden nur unzureichend oder gar nicht ausgeglichen.

Der Biberfonds für Entschädigungen ist zur Zeit mit etwa 430.000 Euro gefüllt. Jedoch übersteigen die Schäden mittlerweile diese Summe bei weitem. Im Landkreis Ebersberg z.B. haben sich die Biber-Schäden binnen fünf Jahren verzehnfacht (SZ 3.4.2018). Zu befürchten ist, dass wieder jene unter Druck geraten, die bereits artgerecht und umweltschonend wirtschaften. Für sie bedeutet es einen enormen Zeit- und Materialaufwand, sich gegen Biber-Schäden zu wappnen. Auf den Kosten bleiben sie auch sitzen.

Die Wiederansiedlung des Bibers durch den Bund Naturschutz – er wilderte Biber 1966 aus – gilt eigentlich als Erfolgsgeschichte. So, wie der Biber an den Bäumen nagt, nagt jedoch seine rasche Verbreitung mit den Folgeschäden mittlerweile an der Akzeptanz für Artenschutzmaßnahmen. Auch für andere ausgestorbene Arten, die wieder angesiedelt wurden, werden nach mehreren Jahren ernste Probleme beobachtet (Greenpeace Magazin 2/19).

Zu fragen ist, unter welchen Bedingungen über ein Jahrhundert ausgestorbene Arten wieder angesiedelt werden können bzw. sollten; was geschehen soll, wenn diese Arten keine natürlichen Feinde (mehr) haben (beim Biber sind das Wolf und Bär), was es für das Tierwohl bedeutet, wenn sie sich an eine völlig veränderte Welt nicht mehr anpassen können und unter Stress geraten (siehe Luchsprojekt Harz). Ist das dann Artenschutz?

Müsste über Wiederansiedlungsprojekte ausgestorbener Arten nicht viel intensiver und kontroverser öffentlich diskutiert werden? Vielleicht sollten sie sogar einem Volksentscheid unterliegen.

Ingrid Reinecke, Genossenschaftsmitglied Klostergut Schlehdorf